Der Jahreszyklus der Weinrebe Teil I: der (Winter-)Rebschnitt
Im Weinbau stecken nicht nur die Jahreszeiten die Phasen ab. Denn die Weinrebe hat ihre eigenen Lebensphasen und schreibt uns somit auch indirekt vor, wann wir was zu tun haben. Ähnlich wie die Storyline eines guten Buches gibt es hier verschiedene Plotpoints die über den Charakter des Jahrgangsweines entscheiden.
Während der kalten Temperaturen im Winter zieht die Rebe ihre Zellsäfte in ihr tiefstes Inneres und in die Wurzeln zurück, die sich bis zu 15 m tief in der Erde befinden, wo sie auch bei Minusgraden nicht erfrieren. Die Weinberge wirken eher trist und trostlos so grau und kahl, bedeckt vom Schnee und ohne das kräftige Grün der Weinblätter. Das bleibt so über die ersten zwei Monate des Jahres, bis die Temperaturen Ende Februar langsam wieder nach oben klettern und die Sonne mit mehr Kraft vom Himmel lacht. Das ist die Zeit, in der wir mit dem ersten Schritt im Pflegezyklus beginnen:
Der Rebschnitt
In der Fachsprache ausgedrückt lautet die Erklärung: „Unter Rebschnitt verstehen wir den jährlichen Rückschnitt des einjährigen Holzes bzw. die Korrektur des alten Holzes.“ (S.171 i. FB: Weinbau; Bauer, Regner, Schildberger) Wir nennen diesen Vorgang auch den Winterschnitt und führen Ihn durch, um beim nächsten Austrieb Platz für die jungen Triebe zu schaffen. Die Pflanze muss so nicht ihre Energie aufteilen und sowohl das alte als auch das junge Holz wiederbeleben, sondern kann alle Nährstoffe für den jungen Austrieb verwenden.
Wenn Sie an den ersten warmen Tagen beschließen einen gemütlichen Spaziergang durch die idyllischen Weinberge zu unternehmen, treffen Sie mit großer Wahrscheinlichkeit auf emsige Winzerinnen und Winzer, die sich in den steilen Weinhängen tummeln und die Rebe „zurechtstutzen“. Die Aufgaben, die man während des Schnittes auszuführen versucht, sind neben der Einhaltung eines bestimmten Kultursystems unter anderem auch das Ausnützen eines bestimmten Standraums und das Anpeilen eines bestimmten Ertrags bei der Traubenernte im Herbst.
Während dieser Arbeit kontrollieren wir die Anlage auch auf eventuelle Wild- oder Frostschäden und markieren die betroffenen Pflanzen, um sie später ersetzen zu können. Da unsere Reben unser wichtigstes Kapital und die Grundlage für einen tollen Wein sind, gehen bei uns alle Familienmitglieder mit hinaus und erfreuen sich an einer schönen gemeinsamen Zeit an der frischen Luft.
Der nächste Schritt nach dem Schneiden ist das Abziehen der geschnittenen Reben. Da die Weinrebe eine Rankenpflanze ist, klammert sie sich an den Drähten fest und wenn diese Ranken verholzen, ist es oft nicht leicht, die Reben aus den Spanndrähten zu entfernen. Viele Kolleginnen und Kollegen machen das unter einem – wir machen daraus einen eigenen Arbeitsschritt.
Für den Fall, dass Sie sich gewundert haben, warum in manchen Weingärten schon vor dem Winter geschnitten und gebunden wurde, können wir Ihnen diese Antwort geben: Das kommt ganz auf die Philosophie und die Handhabe eines jeden einzelnen Winzers an.